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Des Lebens muede

Die schlimmste Erkenntnis ist wohl jene, wenn man – wider alle Vernunft - der Hoffnung einen letzten Schimmer zugestand und sich dieser aber doch bloß als irrgläubiger Schatten einer allzu süßen Sehnsucht erwies.

Alles wiederholt sich, immer und immer wieder, was vielleicht daran liegt, dass ich bei Menschen auch immer und immer wieder die gleichen Reaktionen auslöse.

Heute sind wir erwachsen, ziehen die Schuhe an, die wir zu brauchen glauben und vermögen aber genau in jenen dann doch nicht zu laufen, hantieren stattdessen mit Worthülsen, die so unendlich leer sind, dass wir in den vermeintlich passenden Schuhen zu schwimmen beginnen - gerade so, als gäbe es kein Land mehr! Wir strampeln um unser kleines Leben, das wir doch nicht mehr haben.

Wieviel Luft bleibt mir noch?
Ich habe mich schon oft gefragt, wie sich mein Leben anfühlen würde, wenn es nicht ständig von Versagens- und Verlustängsten beinhaltet wäre. In meinen Kinderjahren dachte ich, dass das Erwachsensein die Lösung aller Probleme sei – weit gefehlt wie ich inzwischen erfahren habe. Als Kind habe ich mich darüber geärgert, nicht selbst bestimmen zu können, zum Beispiel, was ich anziehe, welche Frisur ich trage, was es zu essen gibt, wie lange ich draußen bleiben darf usw., dafür lag mir einst aber die Welt zu Füßen mit all ihren Optionen, obwohl mir damals die Einsicht dafür fehlte und ich Schule Schule sein ließ, um ihr erst in viel späteren Jahren dann doch noch die gebührende Aufmerksamkeit zu schenken.

Meine Güte, waren das waren Zeiten, als ich mich noch kaum um etwas zu kümmern hatte, häusliche und Daseins erhaltene Pflichten weitestgehend von den Eltern getragen wurden. Rückblickend würde ich heute sagen, dass ich in gewissem Maße damals freier war als heute, obwohl ich die Uhr nicht mehr zurückdrehen wollte, zumindest nicht mehr so weit, dass ich im Haus meiner Eltern wohne, wo ich bis zu den Anfängen meines Studiums, das ich erst mit 24 Jahren begann, verweilte.

Tja, und heute? Heute bin ich wieder fremdbestimmt, allerdings auf andere, meistens pflichtgebundene Art, wobei meine Ängste zur Absicherung meiner eingeschränkten Lebensweise zudem ihren Beitrag leisten, sollten die Pflichten sich einmal gemächlich zurücklehnen.

Wer bzw. wo wäre ich ohne Ängste?

Seit dem Tod meiner Oma, dem Magneten der Familie, der sich im August zum zweiten Mal jährt, hat alles zu bröckeln begonnen. Die Familie bricht auseinander. Meine beiden Geschwister, die sich bis dato Haus und Garten teilten, haben sich überworfen, meine Schwester ihre Haushälfte verkauft. In ihrem neuen Haus hat sie meinem Bruder und seiner Familie Hausverbot erteilt, auch meinem „speziellen Onkel“, von dem ich mich seit Jahresbeginn, wo er gewaltsam gegen meine Mutter, seine Schwester, vorging, aber auch fernhalte. Der Kontakt zu meinen Vater war von jeher schon rar, weil ich nicht weiß, über was ich mit ihm reden könnte. Als ich vorhin meine Mutter anrief, war er ausnahmsweise mal am Telefon und hat mich noch nicht einmal an der Stimme erkannt. Nein, ich beschwere mich nicht darüber, fand es nur seltsam. Ich könnte noch mehr Namen und bizarre Details erzählen, aber das würde alles nur verwirren. Habe das Gefühl, dass ich, jedes Mal wenn ich zuhause anrufe (meine Geschwister, Eltern und mein Opa wohnen alle in der gleichen Stadt) immer nur Hiobsbotschaften und Katastrophenmeldungen erfahre, was vielleicht mit ein Grund dafür ist, dass ich mich so ausgrenze.

Ich lebe das totale Chaos, innerlich, nicht ordnungsbezogen, wobei es mir so unendlich schwer fällt, nach Außen hin den Schein, den es überhaupt nicht gibt, zu wahren. Fast glaube ich in einer Luftblase zu leben, deren Sauerstoffgehalt allmählich immer dünner und dünner wird.

Ich möchte so gerne an etwas glauben können, etwas, das Bestand hat, etwas, das Kraft und Zuversicht gibt und zudem Trost spendet, aber ich weiß nicht mehr was. Manchmal glaube ich, dass wir alle Illusionisten, ja Abenteurer eines Moments sind, die einem ersehnten Phantom hinterher jagen.

Was bleibt einem denn noch ohne Glauben, wenn selbst die Hoffnung Adieu gesagt hat und Kummer die Gedanken lähmt?

Manchmal erhärten sich Verdachte, vornehmlich dann, wenn neutral unabhängige Personen voneinander zum gleichen fatalen Ergebnis kommen. Es wird nicht gut ausgehen. Ich um Jahre zurückgeworfen, um wieder von vorne zu beginnen, so als könne Leben stets neu aufgerollt werden, aber irgendwann ist der Zug einfach mal abgefahren und dann steht man da zurückgelassen am Bahnhof der Aussichtslosigkeit.

Es war viel schlimmer als erwartet. Hätte ich gewusst, was heute auf mich zukommt, hätte ich wohl die Zeit angehalten oder mich gleich aufgehängt, wobei das für mich als Suizidform nicht in Frage kommt, sondern, und dessen bin ich mir sicher, das todbringende Gemisch Natrium-Pentobarbital, das wie ein schnelles Schlafmittel wirken soll.

Ich bin nicht nur unflexibel, sondern muss mit Konsequenzen rechnen. Welcher Art, wird sich demnächst, wann auch immer das sein wird, weisen.

Wer weiß schon, was Angst heißt, nein, wer weiß schon, wie sich Angst anfühlt? Kennt nicht jeder, auch ich, immer nur seine eigene Angst? Wie soll jemand diese eine, individuell-personifizierte Angst ermessen können?

Beklemmend sind sie doch alle. Mir schnürt sie das Herz zu, verengt meinen Blickwinkel, hindert mich am Schlafen, raubt mir das Lachen. Sie schmiedet eigene Pläne; Pläne gegen das Leben. Es ist ein durchdringendes Gefühl, das keine Pause kennt und meine Gedanken lähmt, ein Gefühl, das sich selbst als größten Triumph feiert. Ein Triumph der Zerstörung.

Ich kann und will es nicht mehr ertragen. Wenn das der Preis der kleinen Freiheit ist, möchte ich diesen Zugewinn an Autonomie nicht haben, doch es gibt keinen Weg zurück. Zurück hieße Verjüngung bis ins Kindesalter; dem Zeitpunkt, als die „Großen“ noch die Verantwortung trugen. Nein, ich kann mein Alter und die damit einhergehenden Pflichten nicht leugnen. Wieso bin ich nur so geworden?

Am liebsten möchte ich aus dem Fenster springen und einfach nur aufgefangen werden.

Obwohl ich nicht weiß, wie sich Todsein anfühlt, meine ich, mich genau so zu fühlen, weil einfach nichts mehr da ist, außer das, was der Körper zu Aufrechterhaltung seiner Grundfunktionen benötigt. Ja, die Hülle existiert noch, doch sie vegetiert.

In Anbetracht des heutigen Datums steht natürlich auch bei mir ein resümierender Blick zurück, aber auch nach vorne an, obwohl das Eine wie das Andere mir völlig nichtssagend erscheint. Inzwischen reihen sich die Tage einfach nur noch bedeutungsleer aneinander. Mein Leben kam mir selten sinnloser vor. Am liebsten würde ich mich einfach nur ins Bett legen und mit Hilfe von Schlaftabletten den heutigen Abend vorbeiziehen lassen, doch das geht leider nicht, weil ich meiner Mutter, die den Abend heute sonst alleine verbracht hätte, eine Freude machen möchte.

Ich friere. Permanent. Innen wie außen. Selbst die Wärmedecke im Bett, die Sitzheizung im Auto können an dem Zustand nichts ändern. Meine Welt ist eisig, mein Herz nahezu erstarrt. Ich glaube, dass meine Gleichgültigkeit inzwischen zur Überlebensstrategie geworden ist. Wie sonst sollte ich den sich in mir eingeschneiten Winter, der sich eine dauerhafte Bleibe suchte, überstehen?

Trotz alledem werde ich um 0 Uhr sicherlich wieder sentimental werden, weil mir einmal mehr bewusst wird, wie sehr ich am Leben vorbeilebe, aber ich werde kleine Tränen weinen; tarnende Tränen, die die Kälte in die Augen getrieben haben könnte. Stille Tränen, die die brennende Sehnsucht nach mehr Herzenswärme löschen. Kühle Tränen, die selbst die glimmende Glut der letzten Hoffnung, die ich sowieso schon nicht mehr zu haben glaube, ertränken, um mich der Realität nüchtern ins Auge blicken zu lassen.

Hat Enttäuschung einen Namen?

Ja, hat sie, aber ich kann ihn nicht aussprechen, weil es mich dann noch mehr träfe, obwohl die Gedanken sich um nichts anderes drehen.

Wo lebe ich nur?

Dort, wo ich nie hin wollte!

Wie bin ich nur dort hingekommen?

Jede rohe Geste erscheint mir inzwischen schon wie eine süße Liebkosung, die als manifestiertes Gefühl vor lauter Glück Purzelbäume schlagen möchte, so sehr habe ich mich inzwischen an die brachialen und lieblosen Sitten gewöhnt, die meine Seele – auf einer Streckband liegend - auf scheinbar unmerkliche Weise martern. Aber eben nur latent!

Ich bekomme meine Emotionen einfach nicht mehr in den Griff. Die warmen Tränen, die meiner Verzweiflung entweichen, gefrieren an der Austrittsfläche sofort zu salzigen Eisdiamanten, die sich - ihres kurzen Seins bewusst - bekümmert auf die Härte des verdüsterten Boden stürzen, wo sie noch einmal jauchend-zart erklingen, bevor das Elend sie lachend in Tausend Teile zerschellt.

Kein Mantel ist mollig, kein Ofen warm genug, um mich vor dieser klirrenden Kälte zu schützen. Ich spüre, wie mir das Herz zugefriert, der Atem stockt, ...

Nein, in meinen Adern fließt kein Blut mehr, nur noch das blanke Entsetzen darüber, dass die Sonne meinen Planeten verlassen hat.

Durst ist schlimmer als Heimweh und Isolation nachhaltiger als Gewalt.

Was macht ein Mensch zum Mensch? Was macht ein Mensch zum Tier?

Ich schreie in die Masse, doch den Hilferuf nimmt keiner wahr. Ich begegne Blicken, die mich durchdringen, als sei ich unsichtbar. Organisch betrachtet erfreue ich mich – nach eigenem Ermessen – an bester Gesundheit, während ich mich andererseits doch wie hirntot fühle, so als hätte die Seele ihren Ruheplatz, ihren sicheren Hafen, der sich einst aus Geborgenheit, Fürsorge und Achtung manifestierte, verloren.

Was geblieben ist? Die Trümmer eines einst in Harmonie gelebten Ganzen, die nun in tausend Teile zerfetzt auf den salzigen Wogen des Meeres schwimmen, zumindest die Fragmente, die noch nicht in die endlose Tiefe entschwanden. Wenn ich nicht wüsste, dass dort zuvor etwas Ganzes stand, etwas, das als eingespieltes, einträchtiges Team eine Einheit bildete, könnte ich nicht ansatzweise erahnen, dass diese Splitter jemals zueinander gehörten.

Ab wann macht ein Abschalten der Maschinen Sinn?

SaharaWas für eine Nacht?! War das überhaupt eine? Meine Augen brennen vom vielen Weinen und von der Tatsache, kaum geruht zu haben. Ich scheine, egal, wohin ich mich wende, nur noch eines zu hören. Ein Tenor, der allgemeiner Natur zu sein scheint. Jener, der mich wissen lässt, unerwünscht zu sein oder anders gesagt, einfach nicht zu genügen, was meine Grundfeste bis ins Mark erschüttert hat. So allmählich bricht das Fundament meines Ichs zusammen. Die nachträglich zur Stabilisierung angebrachten Stahlträger gleichen inzwischen einer verrosteten und trostlosen Trümmerlandschaft. Ich frage mich allen Ernstes, worin der Sinn eines Weitermachens besteht? Ich bin die Bürde, die für Unzufriedenheit sorgt. Ich bin die Tochter, die der Mutter noch immer nicht gefällt. Der Mitläufer ohne eigene (nach außen bekundende) Meinung, der so ein Anecken zu vermeiden sucht. Ein Niemand im Nichts des Universums. Ersetzbarer als ein Sandkorn in der Sahara, die mit ihren 8,6 Millionen Quadratkilometern als größte Wüste der Welt gilt.

 

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