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Fast wie üblich, wenn ich von der Arbeit nach Hause fahre, höre ich Musik und in diesem für die Außenwelt Schallschutz gesicherten Bereich bin ich dann auch mutig genug, auf schlechtestem DSDS-Level meine Gesangskünste zum Besten zu geben. In Gedanken verloren rauschte der Asphalt unter mir vorbei, bis ich plötzlich – ich war nur zwei kleine Kurven von zuhause entfernt - ein „Stop - Polizei“ im Rückspiegel hinter mir aufleuchten sah. Wer mich kennt, weiß, dass spätestens jetzt Panik angesagt ist. Der Tacho zeigte 60 km/h. Erlaubt waren 50. Ich vermute aber, dass ich schon sofort als ich die Polizei im Rückspiegel sah, zu bremsen begann. Insofern waren die 60 km/h relativ. Andererseits hielt ich es auch für möglich, irgendetwas anderes falsch gemacht zu haben, da ich ja ganz im Einklang mit der Musik verschmolzen war.

Völlig planlos hielt ich am rechten Fahrbahnrand an und stieg zitternd aus, um auf die beiden Polizisten zuzugehen, von denen mir einer sagte, dass ich mich wieder zurück ins Auto begeben sollte. Dort sitzend wurde ich nach meinem Führerschein und zum ersten Mal in meinem Leben auch nach den Fahrzeugschein gefragt, von dem ich gar nicht so genau wusste, wo er sich befand, zumindest nicht im Detail, wobei ich ihn aber recht schnell fand, was mir allerdings wegen meiner Aufregung wie eine kleine Ewigkeit vorkam.

„Wo wollen Sie denn so schnell hin?“, wollte der Polizist wissen. „Eigentlich nirgends“, meinte ich und fügte hinzu, dass ich gleich um die Ecke wohne. „Ich war in Gedanken verloren und hörte Musik. Wenn ich zu schnell war, dann tut es mir leid, und wenn es dafür eine Strafe gibt, muss ich diese wohl zahlen.“, ergänzte ich etwas kleinlaut.

Ich erfuhr, dass ich laut des Tachos der Polizisten 70 km/h gefahren sei. Eindeutig zu schnell. Keine Frage!

Als die beiden dann auch noch Verbandskasten und Warndreieck sehen wollten, hatte ich gleichermaßen keine Ahnung, wo jene sich konkret befinden. Irgendwo im Kofferraum, dachte ich, weshalb ich diesen mit der Bemerkung „Ohje, jetzt haben Sie mich erwischt!“ öffnete und den Verbandskasten dann aber doch recht schnell fand. Bei der Suche nach dem Warndreieck war der Polizist schneller. Da beide werksbedingt recht neu sind, gab’s diesbezüglich auch keine Beanstandung und es blieb bei der äußeren Besichtigung.

Mit einer Strafe rechnend, bekam ich aber schließlich doch ein verständnisvolles „Also Frau soundso, in Zukunft schauen Sie aber bitte mehr auf den Tacho“ zu hören und fragte explizit noch einmal nach, ob ich nicht irgendeine Strafe bekäme, was die beiden verneinten.

Völlig perplex warf ich ihnen eine Kusshand zu und sagte, dass ich sie heute in mein Abendgebet mit einschließe, worauf sie aber zum Glück nicht reagierten.

Im Nachhinein, jetzt beim Schreiben dieser Zeilen, habe ich mich ohnehin gefragt, ob die Polizisten mir in diesem Fall überhaupt eine Strafe hätten aufbrummen dürfen, weil es ja theoretisch keinen Beweis dafür gibt. Nicht dass ich es geleugnet hätte, aber ob sie es gedurft hätten?

Wie auch immer. Heute hatte ich Glück oder anders: heute bin ich an zwei nachsichtige Polizisten geraten. Erfreulich!

Wenn einer eine Reise macht, dann kann er was erzählen, manchmal sogar dann, wenn er glaubt, im sicheren Hafen der Heimat eingelaufen zu sein. In unserem Fall, als wir vorhin nach dem Rückflug von Oslo bereits den Frankfurter Flughafen verlassen haben und bei Airparks, einem Anbieter, der einfaches und günstiges Parken in zentraler Nähe des Flughafens ermöglicht, unser Auto in Empfang nehmen wollten.

Geschenkkorb mit Frankfurter Spezialitäten.Dem Busshuttle kaum entstiegen, kam uns auch gleich ein Mann entgegen, der uns darauf ansprach, ob wir Familie soundso seien, was wir bejahten. „Oh Gott“, dachte ich, „bestimmt ist uns irgendjemand ins Auto gefahren“. Aber Nein! Es kam ganz anders. Es war vielmehr so, dass wir der 1 Millionste Benutzer von Airparks waren und aufgrund dessen mit einem reichhaltigen Geschenkkorb mit Frankfurter Spezialitäten – angefangen von Babbelwasser, Uffstrich über Haddekuche, der unter anderem Schoppefetzern und annern Tagedieben empfohlen wird, bis hin zu Scheißwettertee – belohnt wurden. Ist das zu fassen? Irgendwie kann ich es jetzt noch immer nicht glauben. Nach den Glückwünschen wurde mit den Verantwortlichen und uns auch noch ein Foto gemacht, welches in einer Fachzeitschrift veröffentlich wird. Der Erheiterung und meines Unglaubens wegen lasse ich mir selbiges übrigens auch noch zukommen.

Inzwischen sind wir seit rund einer Stunde zuhause, der Koffer bereits geleert und die erste Waschmaschine gefüllt. Ab morgen regiert wieder der Alltag, zumindest bis zum nächsten Samstag, wo ich uns für einen Kurs im Kletterzentrum eingebucht habe.

ReptilienparkRegen, Regen, Regen – so könnte man die vornehmlich treue Begleiterscheinung des Tages nennen, die uns heute einen wahren Museums-Besuchsmarathon hat starten lassen, wobei wir unser erstes Tagesziel, den Reptilienpark, in welchem wir Schlangen, giftige Frösche, Echsen, Chamäloeons, Spinnen und dergleichen mehr in Augenschein nahmen, noch weitestgehend trocken erreichten. Das Kunstindustriemuseum, das norwegisches und ausländisches Kunsthandwerk, Mode und Design vom 7. Jahrhundert bis heute zeigt, besuchten wir eigentlich nur deshalb, weil es sich genau auf der gegenüberliegenden Straßenseite vom Reptilienpark befand und wir zu diesem Zeitpunkt noch darauf hofften, dass der Regen aufhören könnte. Meines Erachtens muss dieses Museum wirklich niemand gesehen haben.

Das nächste anvisierte Ziel war geplant und hieß DogA. Hinter dem Kürzel verbirgt sich das norwegische Design- und Architekturzentrum, wo – wie der Name schon sagt - wechselnde Design- und Architekturausstellungen zu sehen sind. Liselle und Fabi im DogA, dem Norwegische Design- und ArchitekturzentrumIm Anschluss daran „stolperten“ wir auf dem Weg zum nächsten Museum am Dom vorbei, der nach vier Restaurierungsjahren vergangenen Monat wieder eröffnet hat.

Ich selbst fand die im Barockstil fertig gestellte Bischofskirche, deren Kathedrale 1697 eingeweiht wurde, eher unspektakulär, wurde dafür aber umso mehr von dem farbenfrohen Mitmachprojekt „connected“ von Amnesty International, dem innerhalb der Kirche eine kleine Nische zugedacht wurde, fast wie magisch angezogen.

Bereits zu diesem Zeitpunkt waren meine Schuhe samt Strümpfe leider schon völlig durchnässt, so dass der Erkundungswille dadurch ein wenig getrübt war.

Nächste Station war das Museum für Moderne Kunst, das in Frankfurt bei der „Nacht der Museen“ eine meiner liebsten Anlauf-Adressen ist. Aber auch in diesem privaten Museum in Oslo, das neben wechselnden Ausstellungen über eine repräsentative Sammlung norwegischer und internationaler Gegenwartskunst verfügt, konnte ich ein paar wenige zufriedene Fotos einfangen.

Nach dem Aufenthalt dort wollten wir uns heute noch einmal in Ruhe das Rathaus ansehen, kamen dabei aber zufällig am Architekturmuseum vorbei, in welchem wir auch eine kurze Runde drehten.

Und es regnete und regnete und regnete immer weiter …

Dass mir das Rathaus rein optisch nicht zusagt, hatte ich ja bereits gestern erwähnt. Möglicherweise lag und liegt das aber auch daran, dass ich mit einer viel zu hohen Erwartung an dieses Gebäude in die Stadt kam, schließlich, auch das erwähnte ich gestern, wird hier ja jährlich der Friedensnobelpreis verliehen. Nun gut. Zu gefälligen Fotos bin ich dann aber doch gekommen, in dem ich einfach unsere Kids vor Ort in unterhaltsame Szene gesetzt habe.

Im Nobel-Friedenszentrum.Betrüblicherweise enteilte die Zeit einmal mehr wieder wesentlich schneller als uns lieb war, was angesichts der Tatsache, dass weder Museen noch Geschäfte in Oslo (wenige Ausnahmen bestätigen die Regel) wirklich lange offen haben, insofern schade war, als dass wir für das Nobel-Friedenszentrum, das sich vis-à-vis vom Rathaus befindet, kaum noch Zeit hatten. Der Mann, der uns das Ticket in die Hand drückte, sagte, dass sie in 15 Minuten schließen und wir aber gerne morgen wieder kommen könnten. Wären wir auch zu gerne, den der Besuch lohnt wirklich. Da wir bereits aber morgen schon wieder nach Hause fliegen und morgen nicht mehr dazu kommen werden, das Nobel-Friedenszentrum erneut aufzusuchen, rannten wir quasi förmlich durch die beiden Etagen, schließlich sind 15 Minuten immer noch mehr als gar kein Besuch.

Verschwitzt und um ausgiebige Sinneseindrücke bereichert visierten wir die nächste U-Bahn-Station an, die uns gemütlich nach Hause Richtung Hotel chauffierte.

Schade, dass das subjektive Empfinden von bewusst intensiv gelebter Zeit immer so kurzweilig ist. Aber das Gute daran, ist das Gute darin – das lange Nachwirken in der Erinnerung.

Überraschung des Tages: irgendwann am frühen Nachmittag brach die graue Monotonie des Himmels auf, um der Sonne Platz zu machen. Erst etwas zaudernd, dann erquickend rigoros, was mich kleine Friernatur erst den Wintermantel, dann auch Pullover und Longsleeve hat ablegen rumschleppen lassen. Insofern waren wir temperaturmäßig für ein paar Stunden echt im Paradies. Um es vorwegzunehmen – gegen Abend zog sich der Himmel aber auch gleichermaßen überraschend wieder zu, weshalb die Kleidungsschichten doch von Vorteil waren.

Baustelle auf Holmenkollen - neue Skisprungschanze samt Arena.Doch zurück zum Morgen, als unser erstes Anlaufziel Norwegens meist besuchte Touristenattraktion „Holmenkollen“ hieß. Freunde des Wintersports werden vermutlich wissen, dass auf dem gleichnamigen Berg hoch über der Stadt die weltbekannte Skisprunganlage thront, die anlässlich der Skiweltmeisterschaft 2011 komplett neu gestaltet wird.

Leider ist es erst ab Sommer möglich, den Turm zu besichtigen - derzeit noch als Baustelle getarnt -, von dessen höchster Stelle man einen spektakulären Blick auf Oslo und den Oslofjord haben soll. Ungeachtet dessen konnten wir aber schon einen Großteil des Profils der neuen Anlage sehen.

Mit dem Oslo-Pass im Gepäck haben wir dann aber auch gleich die Gelegenheit genutzt, das Skimuseum an der Skisprunganlage zu besichtigen, wo man alles über die Geschichte des Skilaufens in den vergangenen 4000 Jahren sowie über die Polarexpedition von Fridjof Nansen und Roald Amundsen erfährt.

Theoretisch hätten wir übrigens mit der T-Ban bis zur Anlage hochfahren können, praktisch mussten wir aber in einen Bus umsteigen, um den Berg zu erklimmen, was angesichts der rasanten Fahrweise des Busfahrers ein Abenteuer für sich war.

Wachablösung am Schloss.Als wir dann wieder unten in der Stadt waren, kamen wir gerade noch rechtzeitig zur Wachablösung am Königlichen Schloss, die im Vergleich zur der, die wir vergangenes Jahr in Stockholm gesehen hatten, eher verhalten war – sowohl von der Geräuschkulisse als auch von der Anzahl der Soldaten her.

Im Anschluss daran schlenderten wir gemütlich Richtung Hafen am Rathausplatz, auf dem neben dem Nobel-Friedenszentrum, das wir morgen besichtigen wollen, auch ein ausgesprochen bulliger und für mich hässlicher Backsteinkomplex steht, der aber ungeachtet dessen doch über alle Maßen bekannt ist, weil hier – im Rathaus – jährlich am 10. Dezember die Friedensnobelpreise verliehen werden.

Tim, Emily und Bob auf der Museumsinsel BygdoyLange aufgehalten haben wir uns dort aber nicht, sondern stattdessen die nächste Fähre zur „Museumsinsel“ Bygdoy genommen, um hier zunächst dem Fram- und dann dem Wikingerschiff-Museum einen Besuch abzustatten. Im erst genannten steht die Fram, das stärkste Holzschiff der Welt (1892 erbaut), das bei drei berühmten Polarexpeditionen am weitesten in den Norden und Süden vorgedrungen ist. Letzteres gilt als das meistbesuchte Museum des Landes, in welchem die besterhaltenen Wikingerschiffe der Welt zu sehen sind.

Betrüblicherweise enteilte die Zeit einmal mehr in Sportschuhen, so dass danach alle anderen Museen schon geschlossen hatten, weswegen wir gemächlich den Rückweg zur Fähre antraten. Zurück am Rathausplatz entschlossen wir uns – angereichert mit den vielfältigen Eindrücken des Tages – kurzerhand, zurück ins Hotel zu fahren, um dort den restlichen Abend ausklingen zu lassen und registrierten auch erst mit diesem Vorhaben, wie ermattet wir wirklich waren, aber diese von Zufriedenheit genährte Schwere wird uns gewiss gut schlafen lassen.

Obwohl Midsommer in Norwegen erst in knapp 6 Wochen gefeiert wird, kann man bereits jetzt die naturalen Einflüsse wahrnehmen, die dem Dunkel der Nacht schon derzeit Einhalt gebieten. Als ich heute Nacht zufällig gegen 3 Uhr wach wurde, schien es, als dämmerte bereits der Morgen, doch dem war nicht so. Und auch gestern Abend, als wir auf das Dämmern warteten, um die Gunst der blauen Stunde zu nutzen, lauerten wir fast bis Mitternacht.

Ein Meer an Leckereien beim schmackhaften Frühstücksbufett.Dass Reisen hungrig macht, ist bekannt. Dass wir mit unserem Hotel aber so einen schmackhaften Glücksgriff machen würden, eher weniger. Ich schrieb ja bereits gestern davon, dass das Hotel von außen keinen sehr empfehlenswerten Eindruck macht. Um so erfreulicher, dass die Verwöhnmomente mit dem feudal aufgetischten Frühstücksbuffet heute Morgen ihre Fortsetzung fanden.

Die Kälte ist heute Nacht übrigens ein wenig gewichen, der graue Himmel jedoch nicht. Nachdem ich gestern noch in zwei Hosen gehüllt die Exkursion in die Stadt antrat, werde ich heute mutiger sein und eine der beiden Michelinmännchenschichten im Hotel lassen.

Uschlu (Oslo gesprochen) wir kommen.

Norwegische FahneErkenntnis des Tages - wer „M“ sucht, muss nach „T“ Ausschau halten. Eigentlich hätte alles ganz einfach sein können: wir fliegen nach Oslo, fahren vom Flughafen mit dem Bus an den Bahnhof und von dort mit der Linie 5 der von Google Maps ausgezeichneten „M“etro bis zu unserer Hotel nahen Station Rislokka.

Bis zum Bahnhof war auch alles kein Problem, dann aber irrten wir doch etwas planlos umher, immer auf der Suche nach dem großen „M“, das sich einfach nicht finden ließ. Genauso wenig wie die Fahrpläne für die Linie 5. Als wir dann irgendwann zufällig bei einer Tourist-Info strandeten und dort – wie beim Arbeitsamt – eine Nummer zogen und gefühlt Stunden später an der Reihe waren, erfuhren wir, dass wir nicht nach der Metro Ausschau halten müssen, sondern nach der T-Bane.

Um diese Klarsicht bereichert waren wir im Anschluss auch recht zügig in unserem Hotel, das von außen zunächst Bedenken aufkeimen ließ, die sich aber zum Glück als völlig haltlos erwiesen. Das Hotel scheint sich ungewöhnlicherweise sogar eher dem Motto „außen pfui, innen hui“ verschrieben zu haben. Tja, was soll ich dazu sagen?

Besser so als umgekehrt.

Liselle und Fabi im neuen Opernhaus von Oslo, das 2008 nach seiner Eröffnung zum "Kulturgebäude der Welt 2008" gekürt wurde.Nach einer kleinen Verschnaufspause und einem stärkenden Kaffee vor Ort, sind wir im Anschluss auch noch mal in die Stadt gefahren, um bei einem drei Stunden Spaziergang querfeldein durch Lust und Laune geleitet ein Gefühl für die Stadt zu bekommen, die an diesem Feiertag aber weitestgehend wie ausgestorben wirkte.

Neben den Schneeresten in den Bergen und der damit verbundenen kalten Umgebungstemperatur sind mir heute vor allen Dingen zwei Sachen aufgefallen: Oslo ist wirklich richtig teuer und verfügt über ein unglaublich erschreckend dichtes Netz an Fastfoodketten, die sich dem Besucher – wie die vielen Bettler auf der Straße - quasi an jeder Ecke aufdrängen.

Erfreulich war heute übrigens die Tatsache, dass wir trockenen Hauptes davon gekommen sind.

Mit dem Oslo-Pass im Gepäck stehen für morgen diverse Museumsbesuche an.

Das Wetter scheint nicht mehr unser Freund sein zu wollen, zumindest nicht dann, wenn wir in den Urlaub fahren oder Ausflüge machen. Als wir letztes Jahr im Juni über meinen Geburtstag für ein paar Tage in Österreich verweilten, weinte der Himmel bittere Tränen, später im Oktober, als wir unseren jährlichen Herbsttrip in die USA realisierten, hatten wir von fünfzehn gerade mal drei regenfreie Tage. Und auch unser nächster Streifzug, den wir morgen zu sündig früher Stunde nach Oslo antreten, scheint ein Garant für Gummistiefel zu werden, dabei hatte ich so sehr gehofft, dass sich das Langzeit-Tief über Norwegen noch verziehen möge, aber wie es scheint, hat es Gefallen gefunden an der ruhigen Stadt am Fjord, die angeblich die teuerste Stadt der Welt sein soll.

Da aber auch das heimische Wetter nicht das macht, was man jahreszeitlich bedingt von ihm erwartet, werde ich mich für die skandinavische Exkursion einfach in meinen Wintermantel hüllen, um diesen nach unserer Rückkehr hoffentlich gleich gegen Badeklamotten eintauschen zu können.

Ich hoffe, dass es mir gelingt, mir von dem trüben Wetter nicht die Laune verderben zu lassen, die vornehmlich dadurch hervorgerufen wird, dass ich mir für meine Fotos einen farblich kontrastreichen Himmel wünsche, welcher bei Regen natürlich nicht gegeben ist. Anderseits frohlockt Oslo möglicherweise ja auch mit ein paar ganz sehenswerten Museen.

Unabhängig von allen potentiell widrigen Umständen, in die diese kleine Expedition eingebettet ist, freue ich mich aber unheimlich darauf, endlich mal wieder rauszukommen aus dieser Tristesee namens Alltag. Hauptsache Leben! In keiner anderen Situation fühle ich mich so lebendig wie beim Reisen, was gewiss auch daran liegt, dass meine Ängste sich eine Auszeit nehmen. Sollte ich einmal bei einer Reise umkommen, hätte ich zumindest das Gefühl, dass es kein kläglicher Tod ist, denn ich erlitte, weil ich mitten im Leben des für mich Kostbarsten verblichen wäre.

Seit Wochen habe ich danach gesucht, heute habe ich sie endlich gefunden: meine Oma. Das heißt eine stimmliche Aufzeichnung von ihr. Nachdem es im August schon fünf Jahre werden, wo sie nicht mehr unter uns weilt, habe ich mich einfach so sehr nach einem über die Erinnerung hinausgehenden Sinne ansprechenden Zeichen von ihr gesehnt, von dem ich wusste, dass es irgendwo in den Tiefen meines Sammelsuriums aus den 90er Jahren weilt.

Ja, damals besaß ich noch einen Anrufbeantworter, bei dem die Aufnahmen analog auf Compact Cassetten aufgezeichnet wurden. Und genau jene Kassetten, die mich phasenweise wieder in meine geliebte Studentenzeit katapultierten, habe ich seit Wochen durchforstet, um heute endlich auf „Gold“ zu stoßen. Der Anlass des Anrufes war eigentlich relativ banal – eine Einladung zum Geburtstagsessen meines Opas. Es gab schon so viele andere Hörerlebnisse, die mich rückwirkend gerührt haben, aber so überraschend die Stimme meiner Oma zu vernehmen, zog mir erstmal den Boden unter den Füßen weg, weil der Schmerz des Vermissens mit einem Mal so unglaublich viel intensiver war. Nahezu unwillkürlich fuhr meine Hand das Tapedeck entlang, so als ob ich damit den Zauber der Vergangenheit, den dieses Gerät offen legte, streicheln wollte.

All die Wochen des Suchens haben an diesem wunderbar sonnigen Tag heute ihren Höhepunkt gefunden. Das Geschenk im Herzen tragend weiß ich nun um die Quelle, an der ich mich künftig laben kann, wenn die Sehnsucht des Vermissens zu groß wird.

 

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